Serie: 100 Meistersprüche zu Tai Chi – Teil 057

100 Meistersprüche zu Tai Chi – Aussage 57

[Lesezeit: 1-2min – Querverweise: 8 – Checker-Zeit: 1-2 Jahre (Schätzwerte)]

Meisterspruch 057:

„Jede einzelne Bewegung sollte mit größter Aufmerksamkeit ausgeführt werden. So wird sich die Vervollkommnung bald einstellen. Ist der untere Leib ganz entspannt, kann das Chi augenblicklich nach außen gelenkt werden.“

(Transskription von Yang Cheng-Fu [Yang-Stil] nach Cheng Man-Ching [1900-1975]).


Hintergrundinfo:

Yang Cheng-Fu (1883 – 1936) gilt als einer der bekanntesten
Vertreter des →Yang-Stiles im 20. Jahrhundert.

Jene Aussage von Meister Cheng-Fu stammt wahrscheinlich ebenfalls aus den Überlieferungen von →Cheng Man-Ching in den USA.

Sie enthält „Merksätze“ für Tai Chi – Schüler.

Zum einen, „verdeckt“, der Hinweis: Jede(!) Bewegung! – wirklich: jede(!) – enthält mehr, als es den offensichtlichen Anschein erweckt!
Daher gilt es, sich mit jeder einzelnen Bewegung zu beschäftigen und diese „zu ergründen“. Man könnte sagen: „Alles“ hat in Tai Chi einen bestimmten Sinn und Zweck! (…selbst der kleine „Fingerzeig“).

Zum anderen das Offensichtliche: „Die Aufmerksamkeit solle nie nachlassen, egal welche Bewegung gerade ausgeführt wird“.

Der zweite Satz ermuntert den Schüler: „Mach‘ einfach – halte Dich dran, auch wenn Du es momentan nicht verstehst. Je besser Du Dich um die Perfektion der Ausführung kümmerst, desto schneller stellt sich der Fortschritt und Dein Verständnis dafür ein.“ [sprich: „die Vervollkommnung“].

Der letzte Satz: „Ist der untere Leib ganz entspannt, kann das Chi augenblicklich nach außen gelenkt werden.„, kann hierbei – leider – nicht entschlüsselt werden, da der Kontext der Aussage fehlt.

Prinzipiell ist es so, dass im Yang-Stil, alle Bewegungen „in vollkommener Entspannung“ ausgeführt werden sollen.
Dies wiederum ist als „Grundverhalten“ zu verstehen, denn es gibt durchaus Bewegungsabschnitte, welche „kraftvoll“ ausgeführt werden (können).

Anmerkung:
In etwa: Sowohl →yin als auch →yang – ich bin zwar  „entspannt“, schlage aber „fest“ zu. Der Widerspruch in sich. (Ja, genau: „Die Vereinigung der Gegensätze“).
Da kann man auch lange drüber „rätseln“ und „grübeln“: Wie jetzt?

Damit wäre eine annäherungsweise Erklärung dafür geliefert, dass ich ja „verwurzelt“ stehen soll und dennoch „den unteren Leib ganz entspanne“
(„Vereinigung der Gegensätze“).

Andererseits soll(t)e ja der Körper bis zu den Hüften (bis „unter“ dem Dan Tien) „fest“ sein und der Oberkörper zwar aufrecht, aber die Schultern und der Brustbereich „locker“ und entspannt, bei tiefer Bauchatmung (Zwerchfellatmung).

Warum und wozu solle dann das →Chi gesondert(!) „nach außen gelenkt“ werden?

Ich neige daher dazu anzunehmen, dass der letzte Satz ein Hinweis auf eine bestimmte (Kampf-)Situation sein soll.

Denn – kurz gefasst –
Einerseits:
Das Chi „sammelt“ sich in bestimmten Bereichen und sobald „man loslässt“ – also: körperlich „entspannt“ – tritt das Chi als „Kraftwirkung“ in bestimmten, „gewollten“ Regionen und „bestimmter Eigenschaft“ nach außen …sofern eine bestimmte Absicht damit einhergeht! (siehe dazu auch: →Yi-Chi-chin)

Andererseits:
Das →Dan Tien („Zinnoberfeld“) „steuert“ den Vorgang, gepaart mit der Atmung und →Imaginationsaspekt.
Mit dem „unteren Leib“ könnte daher das Dan Tien gemeint sein (und nicht die Beine).

Genaueres zum letzten Satz werden wir also nur herausfinden können, wenn wir den Gesamtkontext jener Aussage kennen, welcher hier jedoch fehlt.

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