Aus den Archiven 2009 - Erstveröffentlichung: Von tai chi gung-User am 31. Mai 2009 um 14:05 Inhalt: Problemstellungen bei der Beschäftigung mit Tai Chi und gebotene Lösungsansätze. – 1. Kultur und Mentalität auf http://mein.salzburg.com/interessen/sport_action/2009/05/aufklarungsserie-das-ist-tai-c-5.html (Hinweis: Forum & Eintrag dort nicht mehr existent)
Problemstellungen bei der Beschäftigung mit Tai Chi und gebotene Lösungsansätze.
1. Kultur und Mentalität
Vorneweg gesagt: wenn man sich mit Tai Chi auseinandersetzt, braucht man weder seine Ernährung völlig auf chinesisches Essen umzustellen, noch gar seine Konfession zu wechseln.
Zum Verständnis sollte für den Anfang jedoch bekannt sein, dass die chinesische Sprache sehr bildhaft und mehrdeutig – wenn nicht sogar: vieldeutig – ist. Dies drückt sich auch in der Schriftform durch Verwendung von (Bild-) Symbolen aus.
Anders als bei uns im Westen gewohnt, kann ein verwendetes Schriftzeichen (=Symbol) wiederum aus anderen Symbolen zusammengesetzt sein und je nach Zusammenhang und Verwendung mehrere und verschiedene Bedeutungen haben. Genauso wie die Worte in der chinesischen Sprache.
Der westliche Mensch ordnet seinen Begriffen (Wörtern) meist Eindeutigkeit zu. Bestenfalls gibt es eine Auswahl: ein Wort bedeutet genau dies oder genau das [sprich: entweder – oder].
Vereinfacht: ein Apfel ist ein Apfel (Punkt).
Für die chinesische Sprache bzw. Schrift-Symbole umgemünzt könnte man sagen: ein Symbol(=Wort) bedeutet sowohl dies als auch das [sprich: „und“, „oder“ – oder „beides“]. Vereinfacht: ein Apfel könnte als Apfel gemeint sein, oder als Frucht eines Baumes oder im übertragenen Sinne das Ergebnis einer Arbeit oder Abstammung, oder…, oder „sowohl als auch“. In der chinesischen Literatur als Kunstform ist die Bedeutung einer Aussage sogar: „alles zugleich“.
Die Wortbedeutung ist abhängig von Zusammenhang, Aussage, Zustand, gesellschaftlichem Status und sagen wir einmal: emotionaler „Färbung“.
Das Verständnis für uns ergibt sich also eher durch Interpretation und Analyse anstelle starrer Übersetzungen.
Ganz fremd ist uns Abendländer dieser Denkansatz sicher nicht – auch bei uns gibt es schriftliche und mündliche Ausdrucksformen, welche anderes vermitteln, als dies die „bloße“ Wort- oder Satzbedeutung vermuten ließe: denken wir nur z.B. an Zynismus, Sarkasmus, Humoristisches oder anderwertig eindeutig „Doppeldeutiges“.
Wenn man sich intensiver mit den Ursprüngen und den Hintergründen von Tai Chi auseinandersetzt, wird zustätzlich erkennbar:
Die Chinesen legen sehr viel Wert auf Tradition und Herkunft, also Familie und Abstammung, wodurch sich ergibt, dass Überlieferungen ebenfalls diesen „Gesetzmäßigkeiten“ folgen (daher: nicht jeder wird „über alles“ informiert).
Ein „Forscher“ muss daher verschiedenen Zweigen folgen und Zusammenhänge erkennen können.
Darüber hinaus:
Als prägende Richtung für die Unterweisung in Künsten, wozu auch Tai Chi gezählt wird, kann ebenfalls der Taoismus (Daoismus) angesehen werden. Dessen erkenntnistheoretische Überlegungen führen nun dazu, dass – ähnlich dem Zen-Buddhismus mit seinen Koans – (meist) keinerlei Ziele oder zu erreichende Etappen vorgegeben werden, welche es zu erreichen gilt. Ganz im Gegenteil: es wird bewusst vermieden auch nur irgendeine „sinngebende Vorlage“ dem Schüler zu vermitteln, damit jener völlig eigen und selbständig (absolut individuelle) Erkenntnisse erzielen möge. „Klassische“ (chinesische) Lehrmethoden bedeuten daher oft, dass keinerlei Erklärungen geliefert werden und ein Schüler z.B. einfach den Bewegungen des Lehrers so lange zu folgen hat, bis der somit Unterrichtete selbst „draufkommt“, was das alles für ihn zu bedeuten hat und erreicht wurde. Für den westlichen Menschen ein beinahe unmögliches Unterfangen oder nur mit immenser Hingabe (Zeit) und bedingungslosen Vertrauen in den jeweiligen „Meister“ zu erreichen. [D.h.: die Lehr- und Lernmethode muss dem westlichen Menschen angepasst werden, ohne den Verweis auf den jeweiligen Ursprung zu verlieren].
Ebenso sollte sich ein gewissenhafter „Student“ sich auch die Problematik der Übertragung vergegenwärtigen, welche im Folgebericht angesprochen wird.
…Fortsetzung folgt…
mehr zum Verein unter →www.tai-chi-gung.at