Aus den Archiven 2009 - Erstveröffentlichung: Von tai chi gung-User am 3. Jun 2009 um 14:58 Inhalt: Problemstellungen bei der Beschäftigung mit Tai Chi und gebotene Lösungsansätze. – 2. Übersetzungs- bzw. Übertragungsprobleme auf http://mein.salzburg.com/interessen/sport_action/2009/06/aufklarungsserie-das-ist-tai-c-6.html (Hinweis: Forum & Eintrag dort nicht mehr existent)
Problemstellungen bei der Beschäftigung mit Tai Chi und gebotene Lösungsansätze.
2. Übersetzungs- bzw. Übertragungsprobleme
Als erstes wird dem Interessierten im Westen der Zugang zu chinesischen „Weisheiten“ leider dadurch erschwert, dass für ein und dasselbe chinesische Wort oder Begriff, unterschiedliche Ausdrücke in lateinischen Buchstaben „überliefert“ wurden.
Das heisst: „k“ gleich „g“ gleich „j“ oder „q“ manchmal gleich „ch“ – Aussprache „dsch“ oder „tsch“
– oder es wurden Selbstlaute, wie z.B. „u“ mit „o“ getauscht und vieles andere mehr.
Dies lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass chinesische Laute oder Aussprachen jeweils in die der Landessprache des Übersetzers passendsten Buchstabenfolgen übertragen wurden.
Es hängt also davon ab, woher der Autor stammt: England (später dann Amerika), Frankreich, Spanien, Portugal, …, Deutschland.
Ein weiterer Teil zur Erklärung ist, dass China ein riesiges Land mit unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen und Dialekten beherbergt. Je nachdem von welcher Region Chinas und unter welchem „Dialekt“ der Übersetzer seine Quellen bezogen hat, kann dies zu unterschiedlichen Betonungen (und leider auch: Bedeutungen) führen.
Entscheidend um Zusammenhänge erkennen zu können, wären aber die zugehörigen Symbole, welche in der bei uns erhältlichen Literatur zu einem dieser Themen meist nicht „mitgeliefert“ werden.
Beispiele für „Übersetzungsprobleme“:
– „Peking“ bzw. „Beijing“;
– „Tao-Te-King“ -> sprich: „daodedsching“,
wodurch erst klar wird, dass dies auch mit dem
„I Ging“, sprich „i dsching“, zusammenhängt;
– „Tai Chi“ – „Taiji“; oder „Qi Gong“,
früher: „Ch’i kung“ (sprich: „dschi gung“);
– „Chi“ – „Qi“
(Anm.: japanisch: „ki“ – daraus ergibt sich
wiederum der [Karate-] Kampfschrei „Ki Ai“);
– „Kung fu“ – ursprünglich: „Gung fu“,
manchmal „gong fu“
oder aus dem Amerikanischen „Gung foo“;
Es ist daher zu beachten:
– Der Inhalt einer Übertragung offenbart sich dem westlichen Menschen daher oft nur im Textvergleich verschiedener Publikationen, sofern keine ursprünglichen Symbole und Interpretationsmöglichkeiten mitgeliefert werden.
– Zu klären ist auch: Welchen Ursprungs ist der „Übersetzer“ (der Übertragende): ein Auswanderer, ein Kolonialist, …, oder ein Angehöriger einer anderen Sprachkultur (z.b.: Engländer, Franzose, Amerikaner), wobei dessen Aufzeichnungen zusätzlich in einem zweiten (Arbeits-)Schritt erst ins Deutsche übertragen wurden?
– China ist ein riesiges Land, welches viele Regionen (Dialekte) unterschiedlichste kulturelle, geschichtliche und auch religiös geprägte Denkansätze beherrbergt (Taoismus, Buddhismus, Konfuzianer, …,
Als gutes Beispiel hierfür können Übertragungen des Tao-Te-King (sprich: „daodesching“) von Lao Tse (manchmal auch: „Lao Zhe“, …, „Laozi“, um 600 vor Christus) genannt werden.
Ein deutscher Text lautet (1. Kapitel, erster Absatz):
„Der Weg, von dem wir sprechen können, ist nicht der ewige Weg; …“
Obwohl „Tao“ eigentlich als nahezu unübersetzbar gilt, wird dies von vielen Autoren oft als „Weg“ übersetzt. Auch wenn der Autor nun erläutert, dass er dies so handhabt, ergibt sich im Text ohne Einzelerläuterung schon ein Problem: Wo ist „Weg“ tatsächlich als „Weg“ zu verstehen und wo war ursprünglich „Tao“ gemeint?
Allein schon der oben angeführt Satz könnte nun folgende Zusatzbedeutungen erlangen:
– „Der Weg, von dem wir sprechen können, ist nicht das ewige Tao; …“
– „Das Tao, von dem wir sprechen können, ist nicht der ewige Weg; …“, oder
– „Das Tao, von dem wir sprechen können, ist nicht das ewige Tao; …“;
Das Symbol für „Tao“ setzt sich zusammen aus den Symbolen für „Kopf“ und „Fuß“ bzw. welche auch gleichbedeutend mit „Denken“ und „Gehen“ gesetzt werden.
Nun erklärt sich, warum oft der „Weg“ als Interpretation gewählt wird.
Andere Interpretationen für „Tao“ wären „Höchstes Sein“, „Sinn“, „Weltgesetz“, „Logos“, „Ratio“, „natura“, usw. usf.
Wie wäre es also mit:
„Das bewusste Voranschreiten, von dem wir sprechen können, entspricht nicht dem ewigen Tao;…“ ?
oder auch:
„Das Denken und Gehen, von dem wir sprechen können, entspricht nicht dem ewigen Weg; …“?
Die Bedeutung oben angeführter Aussage von Lao Tse nur auf eine Interpretation zu verlegen erscheint aber unter Betrachtung der chinesischen Mentalität und der Lehrmethoden (Taoismus) allein schon daher grundlegend unvollständig, da diese ja nahezu „fordert“, jedwede Aussage als „Koan“ aufzufassen um selbst Erkenntnisse zu schaffen. War es daher Absicht von Lao Tse, alle Bedeutungen in einem Satz zu vereinen und mit jedem erneuten Lesevorgang wiederum „neues“ zu entdecken?
Bei Tai Chi Gung sind wir daher bemüht, darauf hinzuweisen, dass Begriffe und Erklärungen der ursprünglichen Lehre in Deutsch immer Interpretationen („Übertragungen“) darstellen.
Wir verwenden daher einige (wenige) grundlegende Begriffe ohne Übersetzung (z.B.: „TAI CHI“, „Chi“, „chin“ etc.) und erklären diese bei Bedarf (aufgrund eigener Erfahrung und Kenntnisse), verweisen aber ebenso, wie z.B. bei Übungen oder Figuren („Bildern“), auf Ähnliches oder Gleiches mit anderslautenden Begriffen („übertragungen“) hin, sowie auf die Interpretationsmöglichkeiten oder Herkunftsverweise (Es gibt verschiedene Tai Chi-Stile ! – mehr dazu im Folgebericht).
Jede „neue Sicht“ (auch „Übung“ oder sogar Wiederholung von ein und derselben) kann somit zu neuer Erkenntnis führen, die Entwicklung scheint „nach oben“ offen. Der Tai Chi Gung – Praktizierende selbst entscheidet, wie „tief“ oder „weit“ er gehen möchte.
Der Verein und die Gruppe bietet die Plattform zu Austausch und Entwicklungsmöglichkeiten.
…Fortsetzung folgt…
mehr zum Verein unter →www.tai-chi-gung.at