Ask a Sifu:
Ähnlich gelagerte Fragen sind:
- Warum ist bei Tai Chi der Einsatz der Beine wichtig?
- Warum muss ich als Anfänger meine Beine durch Vorübungen kräftigen?
- Wieso wird bei euch so viel Wert auf Grundstellungen und Schrittformen gelegt?
bzw.
- Wie erkenne ich, wann meine Beine ausreichend [Anm.: für Tai Chi (Chuan)] trainiert sind?
Antwort:
Ich werde oben angeführte Fragen hier zusammenfassend beantworten.
Im (klassisch überlieferten) Tai Chi (Chuan) [Taiji Quan] wird immer wieder davon gesprochen, wie essentiell wichtig ein korrekter Stand, die „Verwurzelung“ (mit dem Boden), die richtige Gewichtsverteilung und natürlich die entsprechende – dynamische(!) – Schwerpunktverlagerung ist.
Simpel formuliert: Da Tai Chi weder im Sitzen noch im Liegen ausgeführt wird, erklärt sich eigentlich wozu Beine benötigt werden: Zum Stehen und zum Gehen – Besser gesagt: Zur aufrechten (Fort-)Bewegung des Menschen, sowie zur Einnahme von (End-[!])Positionen bei der Ausführung einer →Form.
Dies bedeutet eben auch: Je besser jemand seine Beine einzusetzen vermag, desto leichter „gelingt“ diesem die Form und das Praktizieren von Tai Chi (Chuan). Hierbei gleicht der körperliche Einsatz – vor allem der Beine – in gewisser Weise dem Tanzen.
Und dementsprechend kann auch der Einsatz der Beine gesehen werden: Beginnt man mit dem Tanzen, so strengt dies die Beinmuskulatur noch sehr an und diese ermüdet rasch. Mit fortgesetztem Training („Tanzstunden“) und wiederholter Übung fällt es immer leichter die Beine zu verwenden.
Hinweis: Beanspruchen, Einsetzen, Verwenden –
nicht über-beanspruchen!
Für Anfänger ist es zwar keine Pflicht, Vorübungen durchzuführen, jedoch erleichtern diese auf vielfältige Weise eine Kräftigung der Beine zum Zwecke der Ausführung einer Form.
„Müssen“ ist daher zu streng formuliert – Wir empfehlen hierfür ausgesuchte(!) Übungen, um rascher und leichter Ergebnisse beim Fortschritt in Tai Chi zu erzielen.
Wichtige Anmerkung:
Jene Vorübungen stellen selbstverständlich keine reine Form eines „Krafttrainings“ oder ähnliches dar, sondern beinhalten schon viele „Prinzipien des Tai Chi“, bzw. erleichtern den Zugang hierfür – sofern diese natürlich ebenfalls aus dem reichhaltigen Fundus (klassischer) chinesischer Überlieferungen oder deren Anleitungen entstammen (oder: folgen!) und keinesfalls (nur) westlicher Körpergymnastik entnommen sind!
Von uns – dem Tai Chi Gung – Landessportverein, Salzburg – eingesetzte und verwendete Vorübungen vermitteln also zusätzlich Einblicke und erste Erfahrungen der →„Tai Chi – Prinzipien“.
Zu den Grundstellungen und Schrittformen kann auch beispielsweise eine wichtige Aussage der klassischen Schriften angeführt werden:
„Wenn das gesamte Gewicht auf eine Seite gesunken ist, hat man größte Bewegungsfreiheit erlangt. ‚Doppelte Gewichtsverteilung‘ schränkt diese erheblich ein.“
Zur Erklärung:
Unter „ Doppelte Gewichtsverteilung“ werden alle Positionen und Haltungen verstanden, wo das Körpergewicht auf beide Beine verteilt ist.
Die Grundstellung →„Wu Chi“ (der „Schulterbreite Stand“ oder auch die „Reiterhaltung“, wenn „doppelt breit“) ist eine Haltung, wobei das Körpergewicht jeweils zu 50% auf beide Beine aufgeteilt ist. Jene wird im Grunde eigentlich nur in meditativen Haltungen eingenommen und kommt daher in einer (klassischen) Form in der Regel auch nur am →Anfang und am Ende davon vor.
Da eine (klassische) Form eben auch „größte Bewegungsfreiheit“ sowie auch höchste „Flexibilität“ [Anm.: auch „im/für den Kampf“] vermitteln soll, gilt auch für die Grundstellung →„Bogenschritt“ (als Endposition eines Bildes) mit der Gewichtsverteilung von ca. 30% des Körpergewichts auf dem einen und ca. 70% des Gewichtes auf dem anderen Bein, ähnliches: Jene (End-)Position eines Bewegungsablaufes wird höchstens für einen Augenblick (genau genommen für die Dauer eines – halben Atemvorganges, meist: dem Ausatmen) eingenommen und keinesfalls länger.
Das heißt nichts anderes als:
Nahezu jede(!) Haltung, bzw. Bewegung in Tai Chi (Chuan) wird mit dem Körpergewicht auf einem Bein ausgeführt!
Beziehungsweise es erfolgt ein fließender Wechsel der Gewichtsverteilung: „leer“ und „voll“ / →„yin“ und →„yang“ – und somit natürlich auch eine „fließende“ Schwerpunktverlagerung.
Viele bekannte (End-)Positionen stellen darüber hinaus Körperhaltungen auf einem Bein(!) dar, beispielsweise: „Der weiße Kranich breitet seine Flügel aus“, „Spiele die Laute“, „Hände Heben“, „Der Goldene Hahn steht auf einem Bein“, „Die hockende Peitsche“ usw.
Hierin findet sich auch die Erklärung für die (früher öfter) genannte Bezeichnung von Tai Chi Chuan als “ Boxen mit einem Bein “ oder auch “ Einbeiniges Boxen „.
Dies sind durchaus sehr treffende Umschreibungen dieser „inneren Kampfkunst“.
Unserer Meinung nach (Tai Chi Gung) gilt: Nur wer die Grundlagen beherrscht UND versteht, wird diese auch in (komplexen) Formen oder im weiteren Fortschritt (Tui shou, Waffenform, …, oder auch: im Kampf/Selbstverteidigung) korrekt anwenden können. Für die Sportart Tai Chi Gung kann die „Grundschule“ daher als ebenso wichtig betrachtet werden, wie dies das „Kihon“ im Karate darstellt.
Zu:
Woran erkennt man nun, ob die Beine „ausreichend trainiert“ sind?
Die Antwort hierauf ist einfach:
Du kannst dann davon ausgehen, dass Deine Beine (sowohl linkes als auch rechtes – ebenso wie „Dein Gleichgewicht“ und „Deine Koordination“) DANN für Tai Chi ausreichend trainiert sind, WENN ES DIR MÖGLICH IST, auf einem Bein – sowohl links, als auch rechts – GENAU SO (!) gut, entspannt und sicher, mit leicht gebeugtem Knie (Tai Chi – Haltung) ZU STEHEN und dabei auch (andere) Körperteile zu bewegen vermagst, wie es Dir mit beiden Beinen auf dem Boden möglich ist.
Bedenke dabei: Jeder Mensch(!) musste als Kleinkind ebenfalls erst einmal lernen, auf beiden Beinen zu stehen, dies ist/war niemanden „automatisch“ möglich. Wir haben in unseren Beinen keine „Scharniere“ oder „Fixierungen“, welche für den „aufrechten Gang“ oder „Stand“ zur Verfügung stehen – es „rastet auch nichts ein“, damit wir aufrecht stehen!
Es ist ausschließlich eine Frage des fortgesetzten Trainings, sowie der fortgesetzten Beanspruchung (Übung) [!!!], welche es dem Menschen erst erlauben, auf den Beinen zu stehen und zu gehen – Genau so kann das „Einbeinige Boxen“ (eben: Tai Chi Chuan) geübt …und erhalten(!)… werden.
Tipps:
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Gefaellt mir, dass hier staendig gepostet wird.