Glossareintrag: Ursprung des Tai Chi (Chuan)
Alternativen: ursprung taijijuan, ursprung taiji, ursprung taichi, Ursprung Taiji Quan
Besser formuliert:
Die Geschichte(n) der Entstehung
Eigentlich ist es kaum verwunderlich – je weiter eine Entstehungsgeschichte in die Vergangenheit zurückreicht, desto mehr Legenden ranken sich um dieses Ereignis.
Wer vermag heute noch zu unterscheiden, welche Begebenheit sich auf eine mündlich überlieferte Anekdote bezieht oder schlichtweg einen Mythos darstellt?
Werden die unterschiedlichen Erzählungen, welche je nach →Schule, d.h. Familienstil, überliefert wurden, miteinander verglichen, so scheint es offensichtlich so zu sein, dass die Überlieferungen mehr darauf bedacht sind, eine „Urphilosophie“ und Gleichnisse für die Sinnhaftigkeit der Beschäftigung mit Tai Chi (vor allem mit dem propagierten eigenen Stil) zu vermitteln, als dem Interessierten tatsächlich historische Fakten und Begebenheiten zu liefern.
Eine dieser Geschichten des Ursprungs lautet:
Der Erfinder von Tai Chi war ein taoistischer Einsiedler namens Chang San-Feng (auch unter „Zhang Sanfeng“ bekannt), welcher um das Jahr 1300 (nach Christus) gelebt haben soll. Er war ursprünglich Staatsbeamter und zog sich nach vielen Jahren im Staatsdienst schließlich auf den heiligen Berg Wudang Shan zurück, wo er den Rest seines Lebens in Meditation und Besinnung verbrachte.
Anmerkung: die Wudang-Berge gelten auch heute noch als eines der Hauptzentren, wo „ursprüngliches“ Tai Chi praktiziert werden soll und auch als Pilgerstätte für viele westliche Besucher dient.
Eines Tages beobachtete er plötzlich –
und hier gehen auch schon die Berichte selbst über jene Geschichte auseinander – manche sprechen davon, dass er von seiner Hütte oder Höhle aus eine Beobachtung machte, andere, dass er im Traum die folgende Begebenheit gesehen hatte und wiederum andere, dass er folgendes als Vision während einer Meditation an einem Flussufer erlebt hatte
– doch bleiben wir bei der Geschichte: Er beobachtete den Kampf zwischen einem Kranich und einer Schlange. Gebannt sah er, dass sobald der Kranich auf die Schlange zutrat, die Schlange dessen Nähe entglitt und wenn die Schlange sich aufbäumte, um ihrerseits den Vogel zu attackieren, der Kranich seine Flügel spreizte und sich zurückzog.
Er erkannte, das keines der beiden Tiere das andere verletzen konnte, weil beide geschmeidige runde Bewegungen, sowie Sensitivität und Zeitgefühl einsetzten, um im Wechselspiel von →yin und →yang dem Angriff zu entgehen.
Von dieser Vision (Traum, Beobachtung) inspiriert, entwarf Chang („Zhang“) eine Reihe von Bewegungen, basierend auf den Stellungen und Bewegungen, welche die Schlange und der Kranich im Kampf eingenommen hatten.
Wie viel von dieser Geschichte oder auch deren Abwandlungen wahr ist oder auch historisch belegbar ist, sei dahingestellt. Wichtig ist, dass diese Geschichte etwas vom Geist des Tai Chi Chuan vermitteln kann. Auch wenn Abwandlungen selbiger Begebenheiten „Kampf und Bewegung von Tieren“ in vielen Kampfkünsten (chinesischer Herkunft) als Ursprung thematisiert und in vielen „Martial-Arts-Filmen“ vermarktet wurden.
Anm.: dieses Thema wurde ebenfalls in Aufklärungsserie:
→Links zu Aufklärungsserie Tai Chi Gung
Das ist Tai Chi Gung – Teil 10/15 –
Die Geschichte(n) der Entstehung behandelt.
Zusammenfassend kann kurz gesagt werden:
Tai Chi (Chuan) – bzw. Taijiquan (nach Pinyin-Übertragung) – ist eine umfassende, ganzheitliche und uralte chinesische Bewegungskunst, welche eine Mischung aus Kampfkunsttechniken sowie den gesundheitsfördernden – die Chinesen behaupten: „lebensverlängernden“ – Atem-, Konzentrations-, „Energie-“ und Bewegungsübungen des Chi Kung (heute besser bekannt als: „Qi Gong“) darstellt.