Glossareintrag: Der Gelbe Kaiser
Beschäftigt sich der westliche Mensch mit chinesischen Überlieferungen, egal ob Medizin, Gesundheit, Wissenschaft, Geschichte allgemein, Kampfkünste oder Kultur, so trifft dieser unweigerlich auch auf eine legendäre chinesische Sagengestalt mit Namen „ Huang-Di„, der so genannte „Gelbe Kaiser“.
Der „Gelbe Kaiser“ („Huang-Di“, manchmal auch: „Huang Ti“) soll in der Zeit von ca. 2696 – 2598 vor Christus in China regiert haben. Also vor nahezu fünftausend(!) Jahren, für ca. 99 Jahre lang.
Die Legende berichtet unter anderem, dass er Krieger und Eroberer, Richter und Weiser, Herr des Weltenberges „Kunlun“ (eine chinesische Gebirgskette mit 7000m hohen Bergen) sowie Herrscher der Erdmitte war. Ebenfalls erfährt man hieraus, dass ihn seine Mutter von Blitzen des Nachthimmel empfing und ihn erst nach einer Schwangerschaft mit Dauer von 20 Jahren zur Welt brachte, wobei er unmittelbar nach der Geburt sofort zu sprechen imstande war.
Alle diese Begebenheiten, sowie sämtliche Erkenntnisse, zitierte Aussagen und Gespräche, welchen in China jenem legendären Kaiser zugesprochen werden, fanden vor vielen, vielen Jahrhunderten, also vor nahezu 5000 Jahren statt.
Das moderne →Qi Gong, welches seinen Ursprung (den Namen sowie Übungssystem) einem chinesischen Arzt in den 1950-iger Jahren verdankt, bezieht sich ebenso, wie dessen gesundheitlichen Beschreibungen und Hintergründe: die →TCM (die Traditionelle Chinesische Medizin), auf den „Gelben Kaiser“.
Als legendäres Standardwerk der TCM gilt ein 81 Abhandlungen umfassendes Werk in zwei Büchern (Titel: „Su Wen“ und „Ling Shu“), welches zusammengefasst „Huang-Di Nei-jing“ („Die Medizin des Gelben Kaisers“) genannt wird. Wie der Name schon ausdrückt, wird dies ebenfalls dem legendären „Gelben Kaiser“ zugeschrieben, auch wenn es wahrscheinlich erst um 200 vor Christus entstanden ist und verschiedenste Autoren daran beteiligt waren. Es enthält – so könnte man sagen – das zeitgenössische Wissen der TCM, bzw. eben die Grundlagen des (modernen) Qi Gong (u.a.: die fünf Wandlungsphasen – die Theorie der fünf „Elemente“: „wu xing“ / „wu hsing“; die Energieflüsse und Punkte des Chi/Qi, die Bedeutungen und Wirkungen der fünf Behandlungsmethoden sowie der „Funktionskreise“, etc.).
Die tatsächliche Entstehung der „Su Wen“ und „Ling Shu“ liegt also, wie vieles Überlieferte aus dem China vergangener Jahrhunderte, im Dunkel der Vergangenheit und der Ursprung läßt sich oft nicht mehr genau zuordnen oder gar datieren.
Ebenso wie bei der Entstehung von Tai Chi Chuan (Taiji Quan) kann dann mit absoluter Gewissheit nur mehr gesagt werden: „Es ist viele Jahrhunderte alt und wurde Dank chinesischer Tradition in die heutige Zeit überliefert.“ !
Meistens – so entstand jedenfalls bei uns der Eindruck – sagen die Chinesen in genau solchen Fällen gegenüber einem Ausländer eben einfach: „Dies hat der Gelbe Kaiser gesagt / getan / gemacht / veranlasst“!
Dies bedeutet dann „übersetzt“ soviel wie: „Es ist uralt, man weiß nicht mehr genau wer dies publiziert/veröffentlicht/gemacht hat – jedenfalls war jener Urheber ein großer und bedeutender Chinese in der Vergangenheit“.
Mit Augenzwinkern
Wer weiß schon, was die Chinesen in Tausend Jahren im Westen über die Entstehung Chinesischer Automobile erzählen werden?
Vielleicht wird eine Antwort auf entsprechende Frage lauten:
„Natürlich war der Begründer der chinesischen Automobilbaukunst der legendäre ‚Au – Di‘ (… oder: „der Gelbe Fao-Wei“, oder: „der Bai’M-Wei von den blauweißen Bergen im Westen“ oder auch: „Mea-tse-tes“ aus der Ebene von Xin-Del-Fingen“)?
Möglicherweise behält man aber auch die gleiche Tradition bei und antwortet dann ebenfalls einfach: „Man weiß es nicht mehr so genau, aber diese Entwicklung wird ebenfalls dem Gelben Kaiser zugeschrieben, denn…(es folgt Spruch/Zitat/Weisheit/Anekdote)“.
😉
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Finde ich gut, dass hier staendig gepostet wird.