Glossareintrag: Mentale Disziplin
Im Zusammenhang mit dem Kampfsport, bzw. mit den Kampfkünsten, wird gerne erwähnt, dass die Praktizierenden eine Mentale Disziplin aufzuweisen haben oder dies beim Praktizieren von Kampfkünsten erlernen (können).
Was ist damit gemeint?
Der erste Griff zum Duden, um eine Worterklärung zu erhalten, ist schon eine gute Wahl:
„mental: (Philos.) a)geistig; b) aus Überlegungen hervorgegangen; c) die Geistesart betreffend.“
[aus Duden Fremdwörter, Seite 264, ISBN 3-411-04674-0]
und
„Diszi|plin* die; -, -en; 1. (ohne Plural) auf Ordnung bedachtes Verhalten; bewusste Einordnung; 2. a) Wissenschaftszweig; b) Sportart.“
[aus Duden Fremdwörter, Seite 106, ISBN 3-411-04674-0]
Damit haben wir die Erklärung im Zusammenhang mit den Kampfkünsten: Es entscheidet sich jemand aufgrund von Überlegungen dafür, sich der Ordnung, den Regeln und dem System einer bestimmten Kampfsportart/Kampfkunstart bewusst (selbst) einzuordnen und sich entsprechend zu Verhalten.
Wird dieses Verhalten regelmäßig und kontinuierlich beibehalten (geübt), so entsteht daraus eine Gewohnheit, welche wiederum auf eine bestimmte Geistesart/Geisteshaltung zurückschließen lässt. Eben: Seiner/Ihrer mentalen Disziplin.
Welcher Geisteshaltung widmet man sich?
In der westlichen Welt, eigentlich der sogenannten modernen Kultur, sowie meist patriarchalischen Machtstrukturen des Ostens, forciert man gerne die „Unterwerfung“ und „Unterordnung“, zumindest jedoch die Einordnung eines Individuums, in ein bestehendes System vorgefertigter Regeln, welchem ohne Nachzudenken und am besten „blind“ gefolgt werden solle.
Dann verstünde man unter „mentaler Disziplin“, die Fähigkeit, sich jederzeit an jene (vorgefertigten) Regeln des betreffenden Systems zu halten und sich dementsprechend zu verhalten.
Die gesellschaftlichen Gefahren dabei sind, dass es zum einen recht schnell zur Bildung von Eliten kommen kann, deren Anführer sich selbst nicht an die eigenen Regeln halten „müssen“, weil deren „Befehle“ von den „Untergeordneten“ gar nicht hinterfragt werden dürfen (oder können) oder zum anderen, jedweder Außenstehende – sprich: „Andersdenkende“ – sofort ausgegrenzt wird; bestenfalls als „naiv“ und „unwissend“ abgekanzelt, schlimmstenfalls als „Feind“ der eigenen Überzeugungen (eigentlich der vorgefertigten übernommenen Meinungen des Lehrers, Meisters, der Schule, der Gruppe etc.) gesehen wird.
Anmerkung:
Schützen kann man sich davor nur, wenn man das eigene Hirn einschaltet und jedweder Regel oder Vorschrift ablehnend gegenübersteht, welche die Menschlichkeit außer acht lässt.(Die dabei anzuwendenen Verhaltenskodizes können leicht an anderer Stelle den Worten beachtenswerter Philosophen und Denker, wie beispielsweise Kant – Der kategorische Imperativ – entnommen werden)
Bezogen auf die Ausübungen von Künsten (im Sinne von: Kunstfertigkeit) nannten die alten Chinesen fünf Betätigungsfelder, welchen sich der Mensch widmen solle: der Medizin (→TCM), der Kalligraphie, der Poesie, der Malerei und Tai Chi (bzw. dem →Wushu).
Für die Art und Weise, Wie dies zu erfolgen hatte, kannte man im alten China auch einen Begriff der dies sehr gut beschreibt, nämlich: „Kung Fu“.
Da dieser Begriff, besser dieses Begriffspaar, ja eine Übertragung von chinesischen Schriftsymbolen in lateinische Buchstaben darstellt, erscheint es sinnvoll, hier nochmals alle möglichen anzutreffenden Schreibweisen aufzuführen:
– Kung fu
– Kungfu
– Gung fu
– gongfu
– goongfu
– gongfoo
– goongfoo
„Kung“ oder „Gung“ bedeutet:
„das Bemühen um“, „das Streben nach“, „die Pflege von“
und
„Fu“ (oder amerikanisch-lautmalerisch: „foo“) bedeutet als Nomen gebraucht: „die Wiederkehr“, oder „der „Wendepunkt“, an dem das selbe wie zuvor in einem neuem Zyklus der Wiederholung erneut beginnt;
als Adjektiv verwendet: „ständig wiederkehrend“ oder „immer wieder von neuem beginnend“.
Wichtig: Gleichzeitig wird mit „fu“ aber auch eine bestimmte Herangehensweise, Sichtweise, bzw. Betrachtungsweise der „Art und Weise“ der Wiederholung, der wiederkehrenden Tätigkeit, vermittelt, nämlich: „auf natürliche Art und Weise“ – „in Folge eines natürlichen Ablaufes“, nicht unter Zwang, gewaltsam oder stur – also: „ohne Zwang, ohne Obsession, ohne Verbissenheit“.
„Kung Fu“ kann also übersetzt werden mit: „Das ständige Bemühen um [etwas], welches sich darin zeigt, dass [etwas] in wiederkehrender natürlicher Abfolge – ohne Zwang und ohne Verbissenheit – immer wieder ausgeführt wird.“
(Anmerkung: …und eben dadurch „zur Meisterschaft“ gebracht wird).
Erweiterete Erklärung:
„Kung Fu“ wird daher im alten China niemals OHNE die Schule, die Disziplin, die Kunst gebraucht, in der jemand sich jemand „gong fu“ verhält, bzw. „Kung fu“ anwendet: „Shaolin Kung fu“, „TaiChi Gung fu“, „Chan gong foo“, „sword art goongfoo“, etc.D.h.: In obiger Übersetzung müsste im Satz anstelle [etwas] z.B. „Tai chi“, „Wudang“ oder auch „Kaligraphie“ eingesetzt werden und der korrekte Gesamtbegriff würde dann „[etwas] kung fu“ lauten, z.B. eben: „[Tai Chi] kung fu“.
Erneut: Es ist daher hahnebüchener Blödsinn, wenn jemand behauptet, es hätte „Kung fu – Waffen“ gegeben! – „kung fu“ ist die Art und Weise, „wie(!)“ etwas ausgeübt wird – Es gibt und gab im alten China keine Disziplin oder Kampfkunst mit dem Namen „kung fu“! Man macht(e) höchstens etwas MIT „kung fu“!
(Hat denn schon jemand einmal etwas von den „Waffen des Kaizen“ oder „Waffen des KVP“ gehört? – Nonsens!)
„Kung fu“ entspricht also der (empfehlenswerten) Art und Weise der praktizierten mentalen Disziplin.
Woran erkennt man eine „mentale Disziplin“?
Na eben in den (fortgesetzt, wiederkehrenden) Handlungsweisen und dem Verhalten einer Person, welcher sich einer bestimmten Kunst widmet.
Dabei eben auch „ständig“ und „fortgesetzt“ und nicht: „sporadisch“ oder nur „manchmal“.
Umgangssprachlich sagt man dabei auch: „Jemand ‚lebt‘ seine Kunst“.
Bitte bedenken:
An anderer prominenter Stelle heißt es auch: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“. Will heißen: Der Ausdruck einer mentalen Disziplin selbst sagt noch nichts über die Art der Geisteshaltung aus, welcher sich der Mensch gewidmet hat. Erst seine Handlungen oder (Aus-)Wirkungen auf die Umwelt zeigen „wessen Geistes Kind“ dieser ist.
Der Begriff „mentale Disziplin“ selbst, ist also wertneutral und sagt alleine noch nichts darüber aus, welcher Geistesart sich der Mensch aus Überlegung bewusst eingeordnet hat, sondern eben nur, dass diese Einordnung erkennbar ist und jene Kunst („Geistesart“) vom betreffenden Menschen fortwährend „gepflegt“ wird.
Tipps:
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