Tui Shou – Was ist das?

Glossareintrag: Tui Shou

Alternative Schreibweisen: Dui Shou
Alternative Bezeichnungen: Partnerübungen, Partnerform, aus dem Englischen auch: „ Push hand“ oder „Push hands“

Als „Tui Shou“ oder „push hand(s)“ werden also Partnerübungen im Tai Chi Chuan (nach Pinyin: Taijiquan) – Training bezeichnet.

Jeder, der Tai Chi (Chuan) trainiert, sollte auch Partnerübungen beherrschen oder zumindest kennenlernen, um seine Erfahrungen auf eine höhere Ebene zu bringen.

Nach der Tai Chi (Chuan) Praxis in den Soloformen folgt daher meist ein Training im sogenannten „Tui Shou“ (wörtlich übersetzt: „Hände schieben“, daher auch der sehr häufig verwendete englische Begriff: „push hand“), womit Partnerübungen – auch und gerade – mit Kampfkunstaspekt gemeint sind.

Wichtig:

Gründsätzlich lässt sich hierüber sagen,

  • „die“ oder „das“ „Tui Shou“ stellt also eine Trainingsform dar, um die „Überleitung“ und „Transformation“ von den in der Tai Chi erlernten – sagen wir einmal: „Grundschule der →Form“ – in die „innere Kampfkunst“ zu erleichtern. Der Beginn jenes Trainings und auch der Einzelübungen sind dabei durchaus körperlich verhaftet, sollen jedoch „den Sprung“ und „die Verbindung“ zu „inneren“ Vorgängen erleichtern, um schließlich „→Ba Gua Zhang“ (die „Acht →Grundtechniken„) auch im Kampf anwenden zu können,
  • diese Art des Trainings kann daher als „Hilfsmittel“, „Brücke“ oder „Ergänzungstraining“ gesehen werden, welche im Grunde nur dienlich sind, um die in dem Solotraining gewonnenen Fähigkeiten und Erkenntnisse auch im Umgang mit einem anderen Menschen zu bewältigen, bzw. zu perfektionieren (Der Partner kann dabei auch psychologisch „als Spiegel“ gesehen werden),
  • … und – leider(!) – wieder einmal wichtig zu erwähnen ist,
    dass „Tui Shou“ (oder „push hands“) keine(!) bestimmte eigenständige oder gar vorgeschrieben/definierte „Kunstform“ oder „→Stil“ des Tai Chi (Chuan) darstellt, wie allzu gerne angenommen wird (…oder gerne als „Produkt“ angeboten wird);

Je nach →Schule, →Stil, Meister oder Lehrer werden unterschiedliche „Tui Shou“ („push hand“) angeboten.

Daher existieren unterschiedliche Ansatzpunkte und „Sichtweisen“ dieses (Hilfs-!)Trainings, welche sich grob in zwei Arten unterscheiden lassen:

  1. Es werden völlig eigenständige Übungsabläufe (sprich: „andere Bewegungs-Formen“ ) geboten als aus dem Training der Solo-Form bekannt sind, welche aber selbstverständlich den gleichen Prinzipien folgen und das Verständnis des „Kräftespiels von →yin und →yang“ sowie die den „Kräftevergleich“ zwischen „Innen“ und „Außen“ im Zusammenspiel mit einem Partner (einem „Gegner“) erfahren lassen sollen,
    oder
  2. Es werden jene „→Bilder“ (Bewegungen, Figuren, Positionen), welche aus der (bzw. einer) →Solo-Form bereits bekannt und geübt sind, nun unter Einbeziehung eines Partners (eines „Gegenüber“) auch als Partnerübung („Tui Shou“) trainiert.

Fazit für den Interessierten:

Immer nachfragen, was in „Tui Shou“ („push hand“) gemacht wird – „Tui Shou bei A“ ist nicht gleich „Tui Shou bei B“ !

Das Training in Tai Chi Gung:

In Tai Chi Gung beziehen wir uns in den „Partnerübungen“ hauptsächlich auf bereits bekannte und erlernte „Bilder“ der Solo-Formen und nehmen bei Bedarf „gesonderte Einzelübungen“ zur Demonstration oder Vertiefung hinzu.
Als Zielsetzung kann hierbei die „Meisterung der 8 Grundtechniken“ gesehen werden, wobei das „Tui Shou“ (die Partnerübungen) als „Zwischenstufe“, „Meilenstein“ oder „Hilfsmittel“ gesehen wird.

Die „Form“ gilt auch als Einzeltraining (Solo-Übung). Mit Fortschritt der Kenntnisse und Fähigkeiten werden dann die Bewegungsabläufe auch als Partnerübungen absolviert. Hierbei erschließt sich für viele erst der Aspekt der Selbstverteidigung (ohne Angriff!).

Es geht darum, „→chin“ (in etwa: „Die wesentliche Energie und innere Kraft“) heranzubilden und einzusetzen, anstelle “→li“ (die „äußere“ schwerfällige Kraft; die Muskel- oder Schwungkraft) einzusetzen. Daher auch: „Die innere Kampfkunst“.

Von den chinesischen Meistern wird überliefert, dass das Üben der Solo-Form der Selbsterkenntnis diene, die Partnerübung lehre den Umgang mit Anderen und dem Umfeld. (Also ist Tai Chi Gung auch eine ideale Beschäftigung zur Aggressionsbewältigung und Konfliktlösung – wohlgemerkt: Ohne Kampf!).

Die chinesischen Meister sagen:
„In der Einzelübung der Form erlernst Du den Umgang mit Dir selbst, in der Partnerübung lernst Du den Umgang mit allem Anderen.“
Hiermit sei auch der Hinweis gegeben, dass in der Partnerübung nicht nur die Grundlagen zur Selbstverteidigung erarbeitet werden.
In der Partnerübung erfahren wir erst die Wirkung von „chin“ (die wesentliche, innere Kraft und Energie) auf unsere Umwelt, im Gegensatz zur Anwendung von „li“ (der Muskelkraft, die „schwerfällige Kraft“).
Die mit der Praxis der Einzelübung sich langsam steigernde „erhöhte bzw. erweiterte Aufmerksamkeit“, welche manchmal auch „tsai chin“, „die hörende Energie“ , genannt wird, findet ebenfalls seine Erweiterung durch Einbeziehung eines Gegenübers. Hier können dann auch die Fähigkeiten „lieh chin“ (= „verstehende Energie“) und „peng chin“ (= „abwehrende Energie“) ausgebildet werden.

Philosophische Betrachtung und Interpretation:

Wörtlich bedeutet „Shou“: „aufbewahren“ oder „behüten“.

Dem interessierten Taichianer dürfte bei der Beschäftigung mit der Materie zwischenzeitlich auch aufgefallen sein, dass bei Übertragungen aus dem Chinesischen in die lateinische Schrift, oft auch scheinbar wahllos „T“ oder „D“ verwendet worden ist
(neben anderen „Hemmnissen“ beim Studium von Tai Chi –> siehe dazu auch →Übertragungsprobleme).

„Tui“ bzw. „Dui“ entspricht der Manifestation des „See“.
Kurz: Der „See“ mit der „Stimmung/Auswirkung“ von „Das Heitere“ ist an der Oberfläche „yin“ (ruhig, gelassen) und im Inneren „yang“ (kraftvoll, stark).

(Mehr Details dazu in der Dokumentation des „Ba Gua Zhang“ – „→Die 8 Grundtechniken“ im Download – nur für registrierte Vereinsmitglieder und Förderer.)

„Dui Shou“ oder „Tui Shou“ kann also wörtlich übersetzt werden als: „Den See bewahren“.

Besser noch: „Das Heitere bewahren“ – womit klar werden sollte, dass auch Tai Chi – Kampfkunstübungen ebenfalls „locker“ und nicht „bierernst“, verbissen, geübt werden und natürlich Spaß machen können und sollen.

Der Mensch solle also durch jene Partnerübungen die „Eigenschaften des Sees“ im Umgang mit anderen bewahren:
Äußerlich ruhig und gelassen, sich hingebend und entspannt sowie innerlich kraftvoll, leicht und flexibel.

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